Zum Hauptinhalt springen

Glücksspiele als Belohnung?

Poker, Black Jack und Roulette versprechen Spannung, Nervenkitzel und potentielle Gewinne. Wenn Glücksspiele jedoch genutzt werden um Problemen zu vergessen droht ein Kontrollverlust. Ein Erfahrungsbericht von einem Frankfurter Spieler, 27 Jahre.

 

Wann hast du das erste Mal gespielt? Was hat dich daran besonders fasziniert?

Spielautomaten kannte ich bis 2008 nur aus Kneipen und neugierig hatten sie mich schon immer gemacht. Als ich mich meine langjährige Freundin Anfang 2008 verließ, habe ich das irgendwie nicht verkraftet, zu viel hatte ich in diese Beziehung investiert. Dadurch, dass Glücksspiele immer mehr in den Medien präsent wurden, dachte ich, du probierst es einfach mal. Es heißt ja „Pech in der Liebe, Glück im Spiel“ oder so ähnlich und ich betrat eine große Spielhalle in der Stadt.

Was mich an meisten faszinierte, war die Spannung. Man konnte mit dem Drücken von ein paar Knöpfen aus 5 Cent 50 Euro machen, das war aufregend. Wenn ich am Automaten saß, war ich so gespannt und konzentriert, dass ich nicht mehr an meine gescheiterte Beziehung denken musste.

 

Wie kam es, dass du immer weiter gespielt hast?

Ganz klar die Flucht vor der Realität und den Problemen des Lebens. Am Automaten war alles egal. Ich war der Meinung, dass ganz sicher irgendwann der ganz große Gewinn einläuft. Ich hab mir ausgemalt und geträumt, was ich mir alles mit dem Geld kaufen würde und wie meine Ex-Freundin dann neidisch gucken würde. Die Spielhalle war eine eigene Welt für sich, alles was draußen passierte, war vergessen und egal, sobald ich am Automaten saß.

 

Wann hast du schwerpunktmäßig gespielt? Wie lief ein typischer Spiel-Tag von dir ab?

Ich habe mir immer einen Grund eingeredet, um zu spielen: An schlechten Tagen bin ich in die Spielhalle gegangen, um zu vergessen und zu verdrängen, an guten Tagen habe ich mir eingeredet „Heute ist mein Glückstag“. Wenn ich z.B. eine Klausur hinter mich gebracht hatte, kam sofort der Gedanke: „Jetzt musst du dir was gönnen, das hast du dir verdient“. Ich habe immer gespielt, bis das Geld alle war. Meistens hielt mein Gehalt gerade mal die erste Woche und den Rest des Monats schnorrte ich mich bei meinen Eltern durch.

 

Wann hast du gemerkt, dass du weniger spielen solltest?

Die Kontrolle über das Spielen habe ich in nur wenigen Wochen verloren. Mit der Zeit holte mich das alles ein. Mein Bankberater sprach mich auf mein Spielverhalten an. Aufgrund der Kontoauszüge wusste er was Sache war, denn damals konnte man noch in der Spielhalle Geld abheben. Auch meine Eltern wurden hellhörig, ständig gab es Krach, weil ich kein Geld mehr hatte.

Ab da merkte ich, dass ich aufhören sollte und ich schwor mir, nie mehr eine Spielhalle zu betreten. Meistens hielt der Schwur nur 1-2 Tage, dann saß ich wieder drin. Das Spielen machte keinen Spaß mehr, es wurde zur Qual und ich fühlte mich wie gezwungen, hinzugehen. So oft ging ich heulend und nervlich völlig am Ende aus der Spielhalle, oftmals kamen mir schon die Tränen auf dem Weg in die Spielhalle, weil ich wusste, wie es enden würde.

Aber ich musste hingehen. Wenn ich nicht ging, bekam ich richtige Schweißausbrüche, begann zu zittern und wurde nervös. Tag und Nacht hatte ich meinen Schuldenberg im Hinterkopf und dachte immer, „nur ein großer Gewinn und alle deine Sorgen sind auf einmal weg“. Natürlich wurde das nie was.

 

Wie gut hast du es geschafft, deine Glücksspielprobleme zu bewältigen? Wer oder was hat dir dabei geholfen?

Mit der Zeit wurde ich natürlich erwachsener und reifer, ich denke das spielt auch eine Rolle. Ich denke nicht mehr nur an heute, sondern auch an die Zukunft.

Als ich mir endlich richtig eingestand, dass ich ein Problem habe, was ich mit einem Schwur nicht lösen kann, begann ich mir Hilfe zu suchen. Ich meldete mich in einem Internet-Forum für Glücksspielsucht an und suchte dort den Austausch. Dort bekam ich viele Tipps und lernte viel über meine Verhaltensmuster. Ich vertraute mich meiner damals neuen Freundin und meinem besten Freund an. Meine Freundin übernahm ab da meine Kontokarte und überwachte meine Finanzen.

Weil ich völlig am Ende war, verschrieb mir mein Hausarzt nach meiner Beichte Antidepressiva. Es war mir einfach nur noch peinlich und ich schämte mich so sehr für das Spielen und dass ich meine Freundin nun um Geld von meinem eigenen Konto fragen musste. Auch mein Bankberater war natürlich eingeweiht.

Im letzten Schritt meldete ich mich bei beim Programm Check dein Spiel an und führte 7 Wochen lang Online-Tagebuch. Das war eine zusätzliche Motivation und half mir ungemein, täglich meine Gedanken sortieren zu können. Ich zog es komplett durch, ohne einmal spielen zu gehen.

Ein Tag, nachdem das Programm abgeschlossen war, hatte ich aber einen Rückfall, der erste und einzige seitdem. Mal wieder durch die Euphorie, dass ich mich belohnen müsste, dass ich es so lange ohne spielen geschafft habe. Total dämlich. Leute, die nicht spielsüchtig sind, werden das wohl nie verstehen.

 

Was die Teilnahme an Glücksspielen angeht, wie schätzt du deine aktuelle Situation ein?

Ich sehe mich weiterhin als gefährdet an. Das Glücksspiel ist definitiv noch nicht aus meinem Kopf. Ich denke immer wieder dran und harmlose Dinge im Alltag assoziiere ich immer wieder mit Glücksspiel.

Wenn ich zum Beispiel viele 2 Euro-Münzen im Portemonnaie habe und diese in die Hand nehme, blitzt die Sucht in mir auf. Es ist immer noch ein Kampf und das wird auch eine ganze Weile noch so bleiben. Aber ich bin dankbar für jeden Tag, den ich schaffe, nicht zu spielen.

 

Themenseiten: Details, Tipps und Tools zu:

Was soll ich essen?

Das Angebot an Lebensmitteln war noch nie so groß wie jetzt. Doch was soll ich essen? Was braucht mein Körper? Gesunde Ernährung ist gar nicht so schwer, wenn ein paar einfache Regeln beachtet werden.

Mehr Infos
Bist Du topfit oder geht da noch was?

Durch körperliche Aktivität gewinnt auch die geistige Fitness! Warum es allerdings nicht immer gleich Sport sein muss, erfährst Du hier.

Mehr Infos
Gute Vorbereitung ist Alles!

Stress im Studium ist manchmal unvermeidbar. Doch mit einigen Tipps und der richtigen Vorbereitung lässt sich das Stresslevel niedrig halten.

Mehr Infos
Bekifft durchs Studium?

In Deutschland hat etwa jede/r dritte Erwachsene im Alter zwischen 18 und 25 Jahren schon mal gekifft. Etwa 9 % zählen zu den aktuell Konsumierenden. Aber gehen Cannabis und Studieren zusammen?

Mehr dazu